Unter Wabi-Sabi versteht man eine japanische Sichtweise der Welt. Sie ist an der Natur und der allgemeinen Weisheit ausgerichtet, die einen hohen Stellenwert haben.
Wabi-Sabi orientiert sich am Unperfekten, am Unbeständigen und dem Unvollständigen und folgt keiner festgelegten Struktur.
Die Ästhetik zeigt sich in Dingen, die nicht perfekt sind und keinen hohen Anspruch stellen.
Trotz dieser fehlenden Merkmale sind sie sehr präsent und überzeugen durch eine gewissermaßen stille Autorität.
Sie beschreiben Einsamkeit, die Vergänglichkeit des Seins und kommen mit einer wehmütigen Trauer daher.
Kleine Dinge des alltäglichen Lebens, die Einfachheit und doch Genialität der Natur und die Schönheit des Unauffälligen zeigt Wabi-Sabi.
Schönheit wird definiert durch organische Formen und individuelle Sichtweisen und Lösungen.
Wabi-Sabi orientiert sich nah an dem Zen, der eine ähnlich entspannte Sichtweise der Welt unterstützt.
Ebenso wie der Zen Buddhismus sucht und stärkt Wabi-Sabi die Beziehung des Einzelnen zu seiner Innenwelt. Dabei lehnt Wabi-Sabi jede Form von Dogmatismus ab, er fordert die Sicht nach Innen und den individuellen Umgang mit der Sicht auf die Dinge.
Die Ästhetik des Wabi-Sabi fordert dazu auf, den Dingen ihren Funktionalismus zu nehmen und sie auf ihren Eigenwert zurückzuwerfen. Ein Produkt wird dann nicht mehr an seiner Funktion gemessen, sondern an sich selbst.
Wabi und Sabi sind zusammengewachsen zu einer Ästhetik Sie besteht aus zwei verschiedenen Begriffen, die jedoch zusammen für die besondere japanische Ästhetik stehen.
Wabi ist dabei der einsame, traurige Weg, der gegangen wird und Sabi repräsentiert das vergängliche, reife, alternde Objekt im Laufe der Zeit. Zusammen formen sie die Ästhetik des natürlich orientierten Objekt, das dem Wandel und Wechsel der Zeit und der Elemente ausgesetzt ist.
Jedes Objekt muss einfach und natürlich sein, und darf nicht verziert oder durch Behandlung vor den Einflüssen der Umwelt geschützt sein.
Erst im 16. Jahrhundert entstand der Begriff Wabi-Sabi. Er wurde von einem japanischen Tee Meister eingeführt, der gleichzeitig auch Zen Mönch war.
Überliefert ist die Geschichte, dass der Mönch Sen no Rikyu den Weg des Tees lernen wollte. Als er einen Meister aufsuchte und um Aufnahme bat, wurde ihm befohlen, den Garten zu säubern.
Er rechte den Boden, bis alles perfekt angeordnet und blitzsauber war. Dann schüttelte er einen Kirschbaum, sodass einige Blätter zu Boden fielen. Nun erst war seine Arbeit für ihn perfekt.
Der Meister war angetan und nahm ihn in seine Schule auf. Sen no Rikyu brachte die Einfachheit in die Tee-Zeremonie zurück. Sein Teeraum war klein und seine Schüler saßen ihm direkt gegenüber.
Die Wände waren ungeschmückt, die Teetassen waren natürlich und stammten von Handwerkern aus der Umgebung.
Symbole der Wabi-Sabi Ästhetik orientieren sich an der Schlichtheit
Ebenso wie die Blätter des Kirschbaums den perfekt gerechten Boden zierten, sind auch andere vergängliche Objekte Symbole des Wabi-Sabi.
Ein leicht verrosteter Teekessel, ein Schatten vor der Sonne, ein Riss in einem Baumstamm oder ein bemooster Fels. Der Künstler arbeitet intensiv mit den Objekten der Natur, ordnet und harmonisiert diese immer wieder in ihren vielen Erscheinungsformen.
Wabi-Sabi lädt den Betrachter dazu ein, im Unauffälligen und Natürlichen die Schönheit der vergänglichen Welt zu sehen.
Wabi-Sabi findet auch heute noch in vielen japanischen Ausdrucksformen seine Anwendung. Man entdeckt es in Gärten, in der Poesie, in der japanischen Keramik, der Kalligrafie und der Teezeremonie.
Die Ästhetik des Wabi-Sabi ist konträr zur westlichen Sichtweise der Welt. In der westlichen Welt dominieren Autorität, klare Strukturen, Kontrolle und Autorität.
Wabi-Sabi verlässt langsam das Bewusstsein der Japaner
Obwohl sie jahrhundertelang den Kern der japanischen Kultur bildetet und auch das fernöstliche Schönheitsideal maßgeblich beeinflusste, verliert es durch den westlichen Einfluss immer mehr an Wert.
Leider sind auch die japanischen Intellektuellen zu schüchtern und zurückhaltend, um sich kraftvoll und laut auf ihre Tradition zu berufen. Das Zentrum der japanischen Kultur verschwindet allmählich aus dem Bewusstsein der Japaner.